Die Rede unserer Fraktionsvorsitzenden Renate Dyck im Wortlaut
Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Jahre 2015 hat uns die Gemeindeprüfungsanstalt die Aufgabe gegeben, unser
strukturelles Defizit, das sie mit rund 2 Mio. Euro benannt hatte, bis zum Jahre 2020
auszugleichen. Dieser Herausforderung haben wir uns gestellt und bereits im
vergangenen Jahr konnten wir die Einsparung von 1,5 Mio. Euro. feststellen.
Damit ist der Planausgleich allerdings noch nicht erreicht. Ein Drehen an der
Steuerschraube haben wir nach der Erhöhung der Grundsteuer B im Jahre 2017 bis
2020 ausgeschlossen.
Ziel muss sein, höhere Gewerbesteuereinnahmen nicht durch Erhöhen des
Hebesatzes zu erzielen, sondern durch Ansiedlung von attraktivem Gewerbe, das
Steuern zahlt. Die im letzten Jahr gemachten Anstrengungen haben in einigen Fällen
bereits zum Erfolg geführt. Genannt seien Brata in Breyell und Habacker in Nettetal-
West. Vom Umsteuern in Nettetal-West versprechen wir uns viel. Hier möchten wir
endlich aus der Parkzone in die Vermarktungszone kommen.
Nun zum vorliegenden Haushaltsentwurf:
Dieser Haushalt hat deshalb ein positives Ergebnis, weil Einnahmen zu Buche
schlagen, die von uns nicht beeinflusst sind. Genannt seien die im Vergleich zum
Ansatz von September 2018 um 450.000 Euro gestiegenen Schlüsselzuweisungen
des Landes. Diese stehen in direkter Verbindung zu den Gewerbesteuereinnahmen.
Weniger Schlüsselzuweisungen wären mir lieber als höhere Schlüsselzuweisungen.
Denn Gewerbesteuern und deren Festsetzung sind ein wesentlicher Bestandteil der
kommunalen Selbstverwaltung, auf die wir nicht ohne Not verzichten wollen.
Schlüsselzuweisungen bedeuten Abhängigkeit vom Land.
Mehreinnahmen sind zu verzeichnen durch die Durchleitung der
Integrationspauschale seitens des Landes mit einem Betrag von 950.000 Euro.
Dieses Geld gehört in die Kommunen und sonst nirgendwo hin. Hier wird die Arbeit
gemacht. Hier wird mit Hilfe vieler ehrenamtlicher Menschen praktische
Integrationsarbeit geleistet.
In unsere haushaltspolitischen Karten hat uns auch die Veränderung der
Kreisumlage gespielt. 978.000 Euro, die wir nicht an den Kreis abgeben müssen.
Das kommt nicht daher, weil der Kreis es so gut mit uns meint. Tatsache ist, der
Landschaftsverband Rheinland hat ebenfalls seine Umlage gesenkt und der Kreis tut
nichts anderes, als dieses Geld pflichtgemäß an die Kommunen weiter zu geben.
Hinzu kommt, auch die dem Kreis zustehenden Schlüsselzuweisungen sind erhöht
worden.
Mit 320.000 Euro plus im Gegensatz zum Entwurf von 530.000 vom September
schlägt die Erhöhung des Ansatzes für die Vergnügungssteuer zu Buche.
Das liegt nicht daran, dass wir in Nettetal mehr Vergnügen haben. Mehr Betriebe als
angenommen, mußten nach Prüfung nicht geschlossen werden und sind weiterhin
vergnügungssteuerpflichtig.
Eine Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage konnte durch die genannten
Mehreinnahmen vermieden werden. Im Gegenteil, die vorgesehene Entnahme des
vergangenen Jahres in Höhe von 560.000 mußte nicht in Anspruch genommen
werden.
Das alles bedeutet nicht, großzügig mit der Geldgießkanne herumgehen zu können.
Einsparungen, die das strukturelle Defizit gesenkt haben, dürfen nicht in Frage
gestellt und aufgeweicht werden.
Um weitere überfällige Entscheidungen werden wir in nächster Zeit nicht
herumkommen. Das Friedhofwesen bedarf dringender Korrekturen. Auf unsere
Anregung hin wurde vor etwa drei Jahren der Arbeitskreis Friedhofswesen ins Leben
gerufen. Dort sollten alle mit dem Thema zusammenhängenden Aspekte auf den
Prüfstand gestellt und Entscheidungen vorbereitet werden. Die Ergebnisse lassen
auf sich warten. Warum, so fragen wir? Viele Bürgerinnen und Bürger stimmen längst
mit den Füßen ab. Bei einem Trauerfall in der Familie suchen sie häufig andere,
kostengünstigere Wege, um ihre Lieben in Würde zu beerdigen.
Die Anzahl der Friedhofshallen muss reduziert werden, Leistungen sind zu
überprüfen mit dem Ziel, eine Finanzierungsstruktur zu erarbeiten, die die
Bürgerinnen und Bürger finanziell nicht überfordert und dennoch eine der Stadt
würdige Friedhofskultur schafft. Die Diskussion um den sogenannten Friedwald oder
Friedhain dauert im Übrigen schon viel zu lange.
In den letzten Wochen geistert der Begriff „Anliegerbeiträge“ durch die Gazetten und
Nachrichten. Auch hier gilt die alte Weisheit „Schnellschüsse bringen uns nicht
weiter“. Es wäre sicher ein leichtes, einen Antrag zu stellen „Wir fordern die sofortige
Abschaffung der Anliegerbeiträge“. Bevor wir so etwas tun, sollten wir miteinander
die Konsequenzen abwägen. Meine Fraktion ist prinzipiell für die Abschaffung. Aber
wir wollen wissen, was passiert, wenn wir den Weg gehen wollen, finanziell, für die
weitere Bautätigkeit, an welchen Straßen ist es sinnvoll und an welchen vielleicht
auch nicht? Der Teufel steckt hier ganz bestimmt im Detail.
In den nächsten Jahren haben wir große Projekte vor der Brust.
Ich nenne das für unsere Verhältnisse Großbauprojekt Werner-Jaeger-Halle. Es wird
allerhöchste Zeit, besonders den Nutzerinnen und Nutzern bald zu zeigen, es geht
los. Die Wartezeit dauert nun schon sehr lange. Die Ausweichspielstätten sind
festgelegt. Nun sind wir miteinander gefordert, den gesteckten Kostenrahmen streng
einzuhalten.
Beim Lehrschwimmbecken in Breyell – neu Multifunktionsschwimmhalle – soll es ja
nun wohl im kommenden Jahr los gehen. Dringend nötig. Im Ausschuss für Schule
und Sport konnten wir Fotos sehen, die dokumentierten, der nächste Rohrbruch im
alten Bad ist der letzte. Danach muss geschlossen werden.
Mit der Textilscheune in Hinsbeck sind wir – glaube ich – auf einem guten Weg. Das
Kuratorium hat sich auf der Grundlage einer Machbarkeitsstudie eindeutig dafür
ausgesprochen, den Standort Hinsbeck bei zu behalten. Jetzt heißt es,
Zuschussmöglichkeiten auszuloten, um dann endgültige Entscheidungen treffen zu
können.
Die Zukunft unserer Stadt fängt in den Kindertagesstätten und Schulen an. Was die
IT-Ausstattung der Schulen angeht, haben wir im letzten Fachausschuss am 12. 12.
weitere entsprechende Beschlüsse gefasst. Es ist wichtig, im Interesse aller Kinder
für alle Schulen die Voraussetzungen zu schaffen, die einen gleichwertigen
Standard in der digitalen Ausbildung garantieren.
An dieser Stelle erlaube ich mir die Anmerkung, wie wichtig es ist, den
verantwortungsvollen und respektvollen Umgang mit den digitalen Medien zu lehren
und zu erlernen. Den Lehrerinnen und Lehrern kommt hier eine besondere Aufgabe
zu. Was wir in letzter Zeit, auch in unserer Stadt, mit und in den sogenannten
sozialen Medien erleben, ist häufig weder respekt- noch verantwortungsvoll. Der
Tatbestand der Beleidigung wird oft mehr als nur gestreift. Stichwort Aasgeier!
Die Bücherei wird im nächsten Jahr 30. Wir alle waren der Meinung, das ist ein
Anlass, diese für die Stadt imagebildende Einrichtung aufzuhübschen. Beim
Nettebetrieb ist unser Anliegen in guten Händen.
Anregungen aus dem Ausschuss für Kultur- und Städtepartnerschaften wurde
gefolgt. Wenn ich es richtig verstanden habe, muß jetzt noch das Heizsystem
überprüft werden. Im Veranstaltungsraum gilt nach wie vor durchschnittliche
Raumtemperatur 25 Grad, 34 im Sommer, 16 im Winter.
Baldigen Entscheidungsbedarf sehen wir beim Rathausnebengebäude. Darüber
reden wir nun schon lange, sehr lange, zu lange! Es wird Zeit, dass sich was tut.
Natürlich wissen wir, es liegt nicht allein in unserer Hand.
Die Sauberkeit in unserer Stadt läßt sehr zu wünschen übrig. Vor Jahren haben wir
das Konzept Sauberkeit und Ordnung beschlossen. Mit welcher Wirkung? So sieht
unsere Landschaft insbesondere nach schönen Sommerabenden an Spielplätzen
und rund um die Seen reichlich zugemüllt aus. Auch in der einen oder anderen
Fußgängerpassage – für teures Geld saniert – sind nach wie vor die im Volksmund so
genannten „Drecksecken“ zu finden.
Im vergangenen Jahr hatten wir mehr Stellenanteile bei der Seniorenberatung
gefordert. Im Stellenplan ist eine Aufstockung um 0,5 Stellen ausgewiesen. Das
finden wir schon mal gut, aber noch zu wenig. Eine ganze Stelle wäre die richtige
Maßnahme.
Auch im Bereich Kultur und Wissenschaft begrüßen wir die vorgesehene
Stellenanhebung, haben aber auch hier Zweifel, ob das ausreicht.
In 2017 haben wir eine Arbeitsgruppe 50 Jahre Nettetal in 2020 eingerichtet. In
einem ersten Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern von Vereinen wurden viele
gute Vorschläge gemacht. Äußerst wichtig ist jetzt, den Kostenrahmen auszuloten
und im Rat bzw. dem zuständigen Haupt-, Finanz- und
Wirtschaftsförderungsausschuss festzulegen, wie viel wir für dieses Jubiläum
ausgeben wollen.
Die Frage nach den Kosten für nicht mehr im ursprünglichen Umfang genutzte
Unterkünfte für Flüchtlinge bzw. die Bedingungen der Mietverträge ist noch nicht
ausreichend beantwortet. Es geht um Geld, das eingespart werden kann und
deshalb ist Handlungsbedarf gegeben.
Im ablaufenden Jahr haben wir uns über Monate mit der Frage der
Verwaltungsumorganisation beschäftigt. Eine Folge der am 12. 7. beschlossenen
Umstrukturierung, insbesondere des Nettebetriebes, ist der Weggang der
Technischen Beigeordneten.
Zwei Beigeordnete im Jahr 2018, die die Stadt verlassen und das erst kurze Zeit
nach ihrer jeweiligen Wiederwahl. Hinzu kommt der Weggang des Geschäftsführers
der Baugesellschaft. Das gab und gibt uns immer noch zu denken. Was ist in unserer
Verwaltung los? In der Zeit von April bis Juli wurden im politischen Raum viele
Gespräche über die Organisation des Rathauses geführt. Bisweilen haben einige von
uns sich die Frage gestellt, haben wir jetzt die Führungsaufgaben zu erledigen?
Schlußendlich mußten wir feststellen, ja, wir haben Entscheidungen getroffen, die
eigentlich Sie Herr Bürgermeister hätten treffen müssen. Aber nachdem wir Ihre
Arbeit getan haben, tun Sie wieder, was Sie wollen. Beispiel ist die vorläufige
Nichtbesetzung der Stelle des/der technischen Beigeordneten. Viele von uns wollen
ausschreiben und bald neu besetzen, Sie wollen das nicht. Aber so funktioniert das
nicht. Sie sind sicher zu vielem fähig, aber auf keinen Fall zur Führung des
technischen Dezernates. Versuchen Sie nicht, mit dem Kopf durch die Wand zu
gehen.
Eine Reihe von für die Stadt wichtigen Punkten sind es sicher noch wert, behandelt
zu werden. Beispielhaft seien genannt das Stadtentwicklungskonzept oder die
Schulsozialarbeit. Das wird sich an anderer Stelle ergeben.
Dem vorgelegten Stellenplan stimmen wir zu.
Wir bedanken uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung,
besonders beim Stadtkämmerer, Herrn Müller und seinem Team für stets
kompetente und freundliche Auskunft.