Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2021
Von Renate Dyck
Die Geschichte der Frauenbewegung und ihrer Entwicklung ist lang. Spätestens beginnt sie mit Olympe de Gouche, die als erste im Rahmen der französischen Revolution 1789 in Anlehnung an die Erklärung der Menschenrechte eine Erklärung der Frauenrechte formulierte. Darin forderte sie bereits das Wahlrecht für Frauen. Olympe de Gouche landete unter der Goulliotine.
Am 19. März 1911, vor nunmehr 110 Jahren fand in Deutschland der erste Internationale Frauentag statt unter dem Motto: „Her mit dem Frauenwahlrecht.“
Das Datum für den Internationalen Frauentag war nicht von Anfang an festgelegt. Dies erfolgte erst später. Seit 1921 wird der Internationale Frauentag weltweit am 8. März begangen. Also seit nunmehr 100 Jahren Am 8. März im Jahre 1869, erhielten bereits in einigen amerikanischen Bundesstaaten die Frauen das Wahlrecht. Seit damals gilt der 8. März in den USA als Gedenktag im Kampf der Frauen um Gleichberechtigung.
Auch für den ersten 1911 von Frauen organisierten Tag musste in Parteigremien die Erlaubnis der Männer – sprich der Parteileitungen – eingeholt werden. Nach einigem Hin und Her konnte er in Deutschland am 19. März 1911 stattfinden.
Allein in Berlin gehen 45.000 Frauen auf die Straße. Das Motto der „öffentlichen Volksversammlungen“, zu denen erstmals Frauen eingeladen hatten, lautete „Her mit dem Frauenwahlrecht.“ Es traten auf diesen Volksversammlungen ausschließlich Frauen als Rednerinnen auf. Im kaiserlichen Deutschland eine ungeheure Provokation. Die öffentliche Begleitmusik in der Presse war entsprechend. Es waren nicht nur sozialistische Frauen, die auf die Straße gingen. Im Laufe der Jahre hatten sich auch bürgerliche Frauenrechtsbewegungen gegründet. Eine der prominentesten war Louise Otto-Peters, die eine eigene Frauenzeitschrift mit dem Titel „Dem Reich der Freiheit werb ich Bürgerinnen“ begründete.
„Desgleichen hat man noch nicht erlebt, dass die Frauen in solchen Massen mit der Forderung des allgemeinen Wahlrechts an die Öffentlichkeit traten. Alle Säle waren überfüllt. Und das verletzte, wie es schien, das zart besaitete Gemüt der Polizei. An die 20 Mann waren aus einem nahe gelegenen Haus herausgekommen, um die berühmte Ordnung wieder einmal auf recht zu erhalten. Eine Frau, die man offensichtlich für die Anstifterin hielt, wurde „sistiert“ –sprich im Gefängnis eingesperrt -. In einem weiteren Bericht heißt es: „ Zahlreiche Polizeimannschaften in der Nachbarschaft der Versammlungslokale bewahrten revolvergerüstet die Stadt vor dem Umsturz der Frauen.“
Wenn es nicht ohnehin schon ein Armutszeugnis für die Staatsgewalt gewesen wäre, müsste man darüber lachen. Revolver gegen Frauen, die maximal einen Regenschirm dabei hatten. Und damit sollten sie einen Umsturz herbeiführen?
Die Geschichte der Frauenbewegung ist – bis auf den heutigen Tag – Kampf um gleiche Rechte von Frauen. Die immer wieder aufscheinende Forderung nach „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ erscheint ein Anachronismus zu sein, in einer Zeit, in der Gender-Politik groß geschrieben wird und auch internationale Konzerne nicht davor zurückschrecken, sich dieses Begriffes zu bedienen.
Auf den Internationalen Frauentagen wurde seither nicht nur das Frauenwahlrecht gefordert, sondern auch
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
- Verbesserungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
- Regelungen für den Mutterschutz usw.
1906 erhielten die Frauen in Finnland als erste Europäerinnen das Wahlrecht, es folgten 1908 die Däninnen. Von 1924 bis 1926 war Nina Bang in Dänemark die erste und einzige Frau damals weltweit, die Mitglied einer demokratisch gewählten Regierung war.
In Deutschland wurde das aktive und passive Wahlrecht am 12. November 1918 durch Erlass des Rates der Volksbeauftragten verkündet.
Bis dahin durften die Frauen nur die Vertretungen der Krankenkassen mit wählen. Am 19. Januar 1919 wählten die Frauen zum ersten Mal. Es muss ein stolzer Tag für die Frauen aller Lager und Schichten gewesen sein.
Am 19. Februar 1919 dann sprach mit Marie Juchacz zum ersten Mal eine Frau vor einem deutschen Parlament. Marie Juchacz war maßgeblich an der Gründung der Arbeiterwohlfahrt beteiligt.
Betrachten wir die aktuelle Situation von Frauen weltweit, so ist der Schluss zu ziehen:
Es gibt noch viel zu tun für die Durchsetzung von Rechten für Frauen. Die Geschichte beweist, die Frauenbewegung ist neben vielem anderem aber vor allem eine Demokratie-, Friedens- und Freiheitsbewegung.
In ihrem Buch 1921 erschienen Buch „Ein steiniger Weg“ schreibt Ottilie Baader – eine Frau aus der Arbeiterbewegung – :
„Ich will denen, die in jenen Zeiten mit mir für unser großes, heiliges Ziel gekämpft, die in zähem, gemeinsamem Ringen manches Stück Freiheit erobert haben, aus vollem Herzen danken, den jüngeren aber zurufen: „Haltet die Rechte, die euch die neue Zeit gebracht hat, fest und gebraucht sie wie eine heilige Pflicht für die Zukunft!“ Pathetisch ja, aber im Duktus der damaligen Zeit.
Julietta Breuer, Lehrerin an der Gesamtschule Nettetal, die sich mit dem Thema „Frauenrechte sind Menschenrechte“ hat es zum 100-jährigen auf den Punkt gebracht: „Jungen Frauen ist heute gar nicht mehr bewusst, was die Frauen damals geleistet haben.“
Viele jüngere Frauen nehmen die heutigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse als selbstverständlich. Das ist gut und richtig so. Hin und wider darf jedoch daran erinnert werden, es war ein steiniger Weg!
Frauen sind es, die sich weltweit für den Frieden engagieren. Trotz und alledem sind sie unter den Friedensnobelpreisträgern in der Minderzahl. Da ist Bertha von Suttner zu nennen, die sich mit ihrem Buch „Die Waffen nieder“ und ihrem Engagement für den Frieden für diesen Preis qualifizierte. Sie bekam ihn als erste und lange Zeit einzige Frau 1905. Von vielen wurde sie als die „Friedens-Bertha“ belächelt.
Der Internationale Frauentag ist kein Muttertag und auch kein Valentinstag, an dem die Frauen Blumen geschenkt bekommen und nett behandelt werden. Er ist nach wie vor ein Tag, an dem Frauen ihre Rechte in der Gesellschaft einfordern, was allerdings nicht nur an diesem Tag passieren sollte.
Wer heute mit rechten Ideologien sympathisiert, der sei erinnert an die Äußerungen Hitlers auf einer NS-Frauentagung 1934: „Das Programm unserer national-sozialistischen Frauenbewegung enthält eigentlich nur einen Punkt, und dieser Punkt heißt „Das Kind“ und weiter „Das Wort von der Frauenemanzipation ist ein nur vom jüdischen Intellekt erfundenes Wort.“
Eine Frau, Elisabeth Selbert war es, die für einen entscheidenden Satz in unserem Grundgesetz gesorgt hat: Artikel 3, Absatz 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Gerne wird von den „Vätern“ des Grundgesetzes gesprochen. Von den 65 Mitgliedern des Parlamentarischen Rates waren aber auch vier Mütter. Es waren Frieda Nadig und Elisabeth Selbert für die Sozialdemokraten, für das Zentrum Helene Wessel und für die Christdemokraten Helene Weber.
Frauen haben viel geschafft und werden weiter etwas schaffen, wenn – wie die Geschichte lehrt – sie sich solidarisieren und eintreten für gemeinsam erarbeitete wichtige Ziele.
Willy Brandt, hat in einer seiner letzten großen Reden gesagt hat: „Nichts kommt von alleine und nur wenig ist von Dauer.“
Wenn diese beiden Aussagen beherzigt werden, sollte uns nicht bang um die Weiterentwicklung von Frauenrechten und damit unserer Gesellschaft werden.
Die englische Schriftstellerin Mary Wollstonecraft, hat schon Ende des 18. Jahrhunderts gesagt:
„Ich wünsche für die Frauen keine Macht über Männer, aber die Macht über sich selbst.“
In diesem Jahr müssen die Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag leider ausfallen oder virtuell stattfinden. Die Frauen werden die Zeit nutzen, um für das kommende Jahr entsprechende Vorbereitungen zu treffen.